Samstag, 12. Dezember 2009

Staub.

Mit einem Glas Wein in der Hand streife ich durch die Zimmer und sehe mir Wände an, streiche mit den Fingern entlang an Kanten und Ecken und Oberflächen. Stelle das Glas ab auf einem Regal und räume ein anderes aus. Das leere Bücherregal mit dem von mir verkehrt herum angebrachten obersten Brett: Die ungeschliffene Seite mir zugerichtet nehme ich das Glas wieder in die Hand und schwenke es leicht. Das Deckenlicht blendet mich und die Kisten am Boden sind voll und noch lange nicht ist alles enthalten. Und dabei habe ich nichts. Nur ein paar Regale und deren Inhalt.
Im Telefon suche ich Nummern und blättere einmal von a bis z und rufe zwei Menschen an und stecke nach ausbleibender Antwort schließlich das Telefon wieder in die Hosentasche und trinke einen Schluck. Ein geliehenes Buch, das ich zurückgeben will. Staub auf meinem Daumen und die Heizung auf voller Temperatur gibt überhaupt keine Hitze ab. Draußen stolpern noch immer ein paar weniger vereinzelte Flocken vom Himmel und prasseln vorbei an meinem Augenwinkel hinter der Brille, die ich putzen müsste. Ich genieße den Anblick von kleinen Tropfen, die an Bäumen undoder Blättern hängen und das Straßenlicht oder das Mondlicht und die Autolichter reflektieren und leuchten. Es riecht ein bisschen nach Wachs und für einen Moment glaubte ich, der Geruch käme aus dem Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller, den ich noch immer nicht gelesen habe, aber gerne in der Hand halte. Ich rieche an den Seiten: Es riecht neu und druckfrisch, nicht nach Wachs.
Auf einem weiteren Regal steht eine Bierflasche: Heineken. Eine Angewohnheit, die erste Flasche am Abend des Einzugs aufzubewahren. Ich überlege, mit Traditionen zu brechen und mir fallen keine Gründe ein für oder wider. Es ist schön, wie man Kram stapeln kann und an die Wand stellen kann und sich zwischendrin ein Leben aufbauen kann und dann irgendwann alles rausnimmt und mitnimmt und anders konstelliert und ein anderes Leben zwischen den neuen Konstellationen zusammensetzt. Ich schätze Boden und gehe gerne ein paar Schritte in verschiedene Richtungen und liege gerne auf der Matratze und schaue auf den Boden, ohne sofort gegen ein Holzgestell zu stoßen. Im Keller habe ich Staub eingeatmet und Kisten geholt. Es waren nur zwei und ich huste noch immer. Im hintersten Eck liegen noch Einzelteile eines Kleiderschranks und ganz vorne steht der Kickertisch, den ich wegschieben muss. Wir sind Sammler und wir sind Jäger und ich frage mich, ob sich das legt irgendwann und schließe die Augen und sehe mich an dem Balkongeländer stehen und runtersehen und eine Zigarette rauchen. Und dabei rauche ich gar nicht.

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